2. Geopotential 850 hPa/Temperatur 850 hPaNachdem wir letztes Mal in der Höhe (500 hPa) und am Boden analysiert haben, treffen wir uns dieses Mal dazwischen auf 850 hPa. War die 500 hPa Geopotentialkarte vor allem dazu gut, sich einen ersten Überblick über die gesamte Lage zu schaffen, ist die 850 hPa-Karte vor allem dazu geeignet, sich einen Überblick über die Temperaturverhltnisse zu schaffen, d.h. Advektion von Luftmassen. Am Boden können sich im Temperaturfeld Unregelmäßigkeiten zeigen, z.B. durch größere Gewässer oder Bergzüge und in der Höhe ist die Luftmassenadvektion oft nicht so stark ausgeprägt und manchmal auch nicht gleich der Bodenadvektion. In 850 hPa findet man dagegen oft relativ deutliche „Temperaturbereiche“. Da man in vielen Fällen von der 850 hPa-Temperatur grob auf die Bodentemperatur schließen kann, ist sie in vielen Modelldiskussionen gerne genommen, im Sommer (Höchsttemperatur) wie im Winter (Schnee oder Regen). Bodennahe Effekte (Inversionen, einstrahlungshemmende Bewölkung) können aber auch die Bodentemperatur beeinflussen, völlig ohne Reflektion sollte man die 850 hPa-Temperatur also auch nicht umrechnen. Jedenfalls kann man im Sommer bei Einstrahlung grob 15°c zur 850 hPa-Temperatur dazu zählen. Man kann anhand der 850-hPa-Karte aber auch gut die Auswirkungen der aktuellen Wetterlage erkennen. Es gibt zunächst einmal zwei Überarten von Großwetterlagen,
zonal und
meridional. Daneben gibt es zwar auch Mischformen beider Lagen, aber das interessiert jetzt nicht so, es kommen dann halt Merkmale beider Formen drin vor. Zudem gibt es natürlich dann noch jede Menge Unterarten der beiden Überarten, aber zunächst einmal das Grobe.

Hier sehen wir eine typische
meridionale Großwetterlage. Was eine meridionale Lage vor allem ausmacht ist, dass die Advektionsprozesse in Richtung der Längenkreise stattfinden, d.h. auf der Tief- (bzw. Trog- im weiteren schreibe ich aber aus Übersichtlichkeitsgründen nur noch Tief-)vorderseite grob von Süd nach Nord, auf der Rückseite grob von Nord nach Süd. Die Richtung kann immer ein wenig variieren, z.B. Nordost nach Südwest (wie auf der Karte), aber die grobe Richtung ist fast immer Nord-Süd. Dies hat zur Folge, dass starke Luftmassentransporte von Nord nach Süd bzw. umgekehrt stattfinden. Warmluft wird auf der Tiefvorderseite nach Norden advehiert, Kaltluft auf der Rückseite nach Süden. Dies kann man gut auf der Karte nachvollziehen. Hier sieht man über den britischen Inseln das für eine meridionale Lage essentielle
Blockadehoch, aufgrund seiner häufigen Form auch Omega-Hoch genannt. An den beiden Flanken befinden sich die oft als
flankierende Tröge bezeichneten Tiefs. Diese Lage ist oft sehr stabil und kann unter Umständen mehrere Wochen anhalten. Der linke flankierende Trog schickt auf seiner Vorderseite wie auf der Karte zu erkennen massiv Warmluft nach Norden. Die 0°c-Isotherme erreicht mitten im Winter fast die Südspitze von Grönland. Durch die Warmluftadvektion steigt das Geopotential an der West- und Nordflanke des Hochs und dieses wird ständig regeneriert. Ähnlich verhält es sich an der rechten Flanke. Hier wird beständig Kaltluft nach Süden (in diesem Fall nach Südwesten) geschaufelt, die -15°c-Isotherme hat es sich über Frankreich gemütlich gemacht. Dies sorgt für einen anhaltenden Geopotentialfall am rechten flankierenden Trog und die Regeneration von diesem. Fertig ist die stabile,über eine gewisse Zeit sich selbst erhaltende Lage. Die Intensität der Kalt-bzw. Warmluftadvektion hängt mit der Amplitude des Trog/Keil-Systems zusammen. Je größer die Amplitude und je „steiler“ (d.h. je vertikaler) die Isohypsen, desto intensiver ist der Luftmassentransport und die Stabilität der Lage. Im Extremfall einer meirdionalen Wetterlage sind die Isohypsen sogar rückläufig von Nordost nach Südwest und es kann sich eine „gestörte Zirkulation“ aufbauen, bei der die Luftmassentransporte aus den normalen Mustern geraten, so wie es im letzten Winter öfters der Fall war und uns den kühlen und schneereichen Winter beschert hat. Am Tiefdruckgebiet einer meridionalen Wetterlage kommen bei richtiger Lage des Tiefs (GB, Westfrankreich, Biskaya) auch öfters Schwergewitterlagen vor. Es herrscht dann massive Advektion von subtropischer Heißluft vor, in der bei trogvorderseitiger Hebung Schwergewitter sprießen können. Aber dazu später mehr. Genau so kann uns eine meridionale Lage aber auch unterkühltes Wetter bringen, wenn der Tiefschwerpunkt über Mitteleuropa oder knapp östlich liegt. Dann findet Kaltluftadvektion aus Norden statt und es fallen zahlreiche Schauer. Die für den Normalbürger im wahrsten Sinne des Wortes „goldene Mitte“ findet man unter dem Blockadehoch. Hier ist es freundlich und warm, sowie meistens störungsfrei. Die meridionale Wetterlage ist also für eine ganze Vielfalt an Wetterereignissen verantwortlich, es kommt nur darauf an, wo man am Ende liegt. Dies kann man anhand der 850 hPa-Karte grob nachvollziehen, ob man im Warm- oder im Kaltluftmilieu liegt, und wie stabil diese Wetterlage ist.
Nochmal zusammengefasst:
- meridionale Wetterlagen sind gekennzeichnet durch Nord-Süd Advektionsprozesse
- es gibt ein Blockadehoch und zwei flankierende Tröge
- diese Wetterlage ist für Warm- und Kaltlufteinbrüche verantwortlich und oft stabil
- je höher die Amplitude der Druckgebilde, desto intensiver sind die Luftmassentransporte

Diese Karte zeigt die typische
zonale Großwetterlage. Die zonale Wetterlage, oft auch vereinfachend Westdrift oder auch einfach Westlage genannt, wird durch Luftmassenadvektion entlang der Breitenkreise, d.h. von West nach Ost oder von Ost nach West. Auch hier gilt das wieder grob, aber es ist wohl weniger variabel, als bei der meridionalen Lage. Bezieht die meridionale Lage ihre Energie und Erhaltung aus dem Luftmassentransport in Nord-Süd-Richtung und Blockade der Westdrift, ist es bei der zonalen Lage erstmal allgemein gesagt das Auftreten von starken Gegensätzen auf engem Raum. Das gilt sowohl für Temperatur als auch für den Druck. Die Druckverteilung bei der zonalen Wetterlage besteht aus vier interagierenden Druckgebilden, dem „Viererdruckfeld“. Hierbei stehen sich über Kreuz jeweils ein Hoch und ein Tief gegenüber. Nun advehiert die subtropische Hoch-Tief-Kombination (auf der Karte ist nur das Hoch, bei diesem Paar das östliche Druckgebilde, zu sehen) subtropische bis tropische Warmluft in Richtung Frontalzone. Das polare Paar (auf der Karte ist nur das Tief zu sehen, bei diesem Paar der rechte „Partner“) advehiert in die selbe Region polare Kaltluft. Diese bilden nun in der Region eine starke, im Fall sehr ausgeprägter Winterwestlagen sehr starke bis extreme Frontalzonen. Dies resultiert in starker Drängung von Isothermen und Isohypsen im betroffenen Gebiet. Durch den starken Druckgradienten bildet sich ein Starkwindband, der „jetstream“, der rasend schnell auf der Südeite des polaren Tiefs nach Osten strömt. Im stärksten Bereich des „jetstreams“ dem sogenannten „jetstreak“ können extreme Windgeschwindigkeiten auftreten, die im Winterhalbjahr die Bildung von Schnellläufer-Sturmtiefs begünstigt. Weiterhin sind hier durch das Viererdruckfeld starke Temperaturunterschiede vorhanden. Bildet sich innerhalb dieses Bereichs eine Störung, kann sich diese im hochenergetischen und -dynamischen Umfeld oft rasend schnell zu einem Orkantief entwickeln. Im Sommer ist der Effekt durch die Abschwächung der Temperatur- und Druckgegensätze in der Höhe abgeschwächt, die zonalen Wetterlagen sind wesentlich schwächer und treten seltener auf. Trotzdem können sie auch im Sommer auftreten. Blicken wir nun auf die Beispielkarte. Die beiden Druckgebilde (mit ihren außerhalb des Kartenausschnitts befindlichen Partnern) schaffen im Eingangsbereich des „jetstreams“ typischerweise wie auch hier bei Neufundland starke Temperatur- und Druckgegensätze. Die -20°c- und die +5°c-Isotherem befinden sich auf engem Raum. Ausgehend davon befindet sich eine Luftmassengrenze und ein Starkwindband in der Höhe an der Südseite des polaren Tiefs. In diesem Beispiel haben sich auch schon zahlreiche Wellen gebildet. Diese verwellen dann die Luftmassengrenze, beziehen die energiereiche Tropenluft in ihren Kern ein und lassen die Kaltluft auf ihrer Rückseite kurz einbrechen. Das ganze findet aber kaum in größeren Mengen in Süd-Nord-Richtung statt. Das sich verstärkende Tief rast als Orkantief (im Sommer treibt es als moderates Tief) in Richtung Europa. Einigen wird es vielleicht schon aufgrund des Datums aufgefallen sein, das Beispieltief auf der Karte auf dem Mittelatlantik ist kein anderes als Schwerorkan „Klaus“, welcher ca. 12 Stunden später als typischer zonaler Schnellläufer über Spanien und Frankreich marodieren sollte. Über BeNeLux liegt das vorherige Produkt der selben zonalen Wetterlage, „Joris“. Oft schickt die selbe „zonale“ Wetterlage mehrere Tiefs wie an einer Kette über die betroffene Region. Die Westlage sorgt bei vermehrtem Auftreten für verregnete und kühle Sommer, sowie stürmische und milde Winter. Da sich die Westlage nicht als ganzer Gürtel um den Globus zieht muss sie ja auch irgendwo enden. Dies geschieht meist durch ein blockierendes Hoch. Hier müssen die anstürmenden Tiefs nach Norden oder Süden ausweichen. Für die Region, über der dies passiert, steht dann die sogenannte
winkelförmige Westlage an. Gefürchtet ist diese Lage bei Winterfans in Mitteleuropa, wenn sich über Russland durch ausgedehnte Schneedecken das oft sehr starke „sibirische Kältehoch“ bildet und eine Westdrift über dem westlichen Europa nach Norden abbiegen muss. Dies sorgt dann für die berühmt-berüchtigte und gefürchtete „Südwestpampenlage“.
Nun ist eine zonale Wetterlage in den meisten Köpfen mit einer Westdrift über Mitteleuropa und einem Islandtief verbunden, es gibt aber auch die eher exotische Form, die Mitteleuropa quasi eine „Ostdrift“ beschert, die
südliche Westlage. Hier ziehen die Westlagentiefs auf einer sehr südlichen Zugbahn über das Mittelmeer und bringen dort heftige Niederschläge. Über Mitteleuropa kann es, je nachdem, ob die Lage eher antizyklonal oder zyklonal ist, trocken-kalt, oder feucht-kalt sein.
Nun nochmal ein Schnellüberblick über die zonale Wetterlage:
- die Advektion findet in West-Ost-Richtung statt
- im Eingangsbereich sorgt ein Viererdruckfeld für starke Temperatur- und Druckgegensätze
- im dadurch entstehenden „jetstream“ entsteht eine günstige Zone für Störungen, die nach Osten ziehen, oft mehrere hintereinander
- im Winter entstehen hier bei sehr günstigen Bedingungen die Schnellläufer-Stürme, im Sommer ist die Westlage insgesamt schwächer
- Sonderformen sind die „winkelförmige Westlage“ und die „südliche Westlage“
Nun kann man sich noch fragen, wie solche Lagen unterbrochen werden können. Meridonale Lagen können durch kippen der Advektionsprozesse zurück Richtung West-Ost unterbrochen werden. Wird die Strömung weniger steil, beginnen die Höhendruckgebilde langsam zu wandern, da sich die Temperaturadvektion mit daraus folgendem Geopotentialaufbau, bzw. -abbau wieder mehr nach Osten richtet und die Tröge und Keile sich fortpflanzen. Eine gemischt zonale-meridionale Lage entsteht, danach werden die Karten dann neu gemischt. Die zonale Lage bricht meistens durch die Bildung eines sehr starken Tiefs ab, das die Luftmassenadvektion ein wenig aufsteilt, so dass die „Westautobahn“ ins Stocken kommt und abbremst. Meist entsteht dann auch erst eine gemischt zonale-meridionale Lage und danach offene Fortsetzung.
In der 850 hPa-Temperaturkarte kann man sich schnell einen Überblick über die großeräumigen Temperaturverhältnisse bilden. Wie ist die Luftmasse temperiert, die über mir lagert? Welche Wetterlage herrscht vor? Ist die Wetterlage eventuell noch länger stabil? Welche Wettererscheinungen sind durch die Großwetterlage zu erwarten?
Soweit zur 850-hPa-Karte und ein kurzer Überblick über die Großwetterlagen. Fragen und Kritik sind wie immer erwünscht. Nächstes Mal gibt’s dann im Teil 3 die pseodopotentielle Temperatur.
MfG
Jan Hinrich